Welpenerziehung
Lernen, Belohnung, Lob und Strafe

Nicht immer einfach. Die sind ja soooooooo niedlich oder Schau doch mal wie der mich ansieht da kann ich doch nicht böse werden. Das ist der Charme der Berner aber auf Dauer können Sie sich aber als richtige sture Esel entwickeln wenn man nicht gleich von Anfang an Akzente setzt.
Nachdem Sie Ihren kleinen Vierbeiner endlich beim Züchter abholen durften, sind die ersten Tage meist sehr aufregend und auch hektisch. Und es kommen unzählige Fragen auf: Wie erziehe ich den Welpen? Wie kann ich ihm verständlich machen, dass er weder den Teppich noch die Blumen anknabbern darf? Und vor allem: Wie kann ich von Anfang an möglichst alles richtig machen?
Um Hunde erfolgreich erziehen zu können, sollte man einiges über das Lernverhalten der Tiere wissen. Hunde verknüpfen kontextspezifisch, das bedeutet, dass sie Situationen oder Übungen auch mit Umweltgegebenheiten verbinden. Wenn Sie zum Beispiel mit dem Welpen „Sitz“ üben und zum Training immer auf den Teppich im Wohnzimmer gehen, wird der Kleine nach einigen Wiederholungen auf dem Teppich im Wohnzimmer das gewünschte Kommando ausführen – aber nicht in der Küche oder draußen auf der Straße. Der Hund hat den Wohnzimmerteppich als unbedingtes Signal zum Vorkommen von „Sitz“ verknüpft. Und ohne den Teppich versteht er tatsächlich das Kommando nicht mehr. Um zu erreichen, dass der Hund auch an anderen Orten „Sitz“ ausführt, muss von Anfang an jedes Kommando an verschiedenen Orten geübt werden. Denn ansonsten versteht Ihr Hund Sie nicht, wenn Sie ein „Wohnzimmerkommando“ auf der Straße abrufen möchten. Es dauert einige Zeit, bis der Hund gelernt hat, auf Sie und Ihre Zeichen zu achten und die Umwelt dabei außer Acht zu lassen. Diesen Vorgang nennt man Generalisierung. Nur wenn Sie häufig üben, kann er das gelernte Kommando in jeder Umgebung zeigen. Solange es noch nicht generalisiert ist, darf man vom Hund nicht zu viel verlangen – er kann es einfach noch nicht, auch wenn es im Wohnzimmer unter Umständen schon prima klappt.
Um also einen Hund erfolgreich zu trainieren, sollte man von Anfang an zu verschiedenen Tageszeiten (auch im Dunkeln), im Haus, in der Stadt, im Wald und im Park üben, um die Generalisierung der Kommandos zu erreichen.
Damit der Hund nicht nur auf eine Person hört, sollten sich alle Familienmitglieder am Training beteiligen.
Dabei muss das Training gut abgesprochen sein, um den Hund nicht zu verwirren. Kleine Kinder dürfen noch nicht mit Erziehungsaufgaben betreut werden, sie dürfen den Welpen unter Aufsicht streicheln, mal ein Leckerchen geben oder unter Anleitung eines Trainers durch kleine Kunststückchen beschäftigen.
Für die Erziehung sind die erwachsenen Familienmitglieder zuständig
Schlüssel zum Erfolg: Motivation
Ein Hund muss motiviert werden, etwas mit dem Menschen zu tun. Leider tun auch Hunde nichts „einfach so“ (genau wie wir Menschen), sondern brauchen einen Anreiz, eine Motivation, um ein von uns erwünschtes Verhalten zu zeigen. Je größer die Motivation ist, um so eher und schneller werden sie die Übung ausführen. Man kann Hunde auf verschiedene Arten motivieren. Jeder Hund ist anders und daher muss man zunächst herausfinden, womit der Hund am besten zu locken ist. Viele Hunde lassen sich sehr gut über Leckerchen motivieren, besonders, wenn die letzte Mahlzeit schon eine Weile zurückliegt. Beutemotivierte Hunde kann man mit Bällchen oder anderen Spielzeugen begeistern, manche Hunde genießen Streicheleinheiten als Belohnung.
Lob und Verstärker richtig einsetzen
Alle Dinge die ein Hund als Belohnung empfindet (Futter, Spiel, Streicheln) sind so genannte primäre Verstärker. Ein primärer Verstärker ist eine Belohnung, deren Bedeutung der Hund nicht erst erlernen muss. Er weiß sofort, dass dies eine gute Sache ist. Ein heller Klang der Stimme belohnt den Hund auch: „Priiiiiima!“ oder „Feiiiiiiiin!“.
Im Gegensatz dazu muss der Hund erst lernen, dass auch ein normal gesprochenes Wort ihn belohnen kann. Um ein Wort als Belohnung für ein Verhalten einzusetzen, muss die Bedeutung dieses Wortes vom Hund erst gelernt werden.
Man benutzt das Wort dann als so genannten sekundären Verstärker. Ganz interessant ist auch das so genannte Clickertraining. Bei dieser Art des Trainings wird statt des Lobwortes ein so genannter Clicker (ähnlich einem kleinen Knackfrosch) als Ankündigung für das Leckerchen verwendet. Beim Training wird jedes unerwünschte Verhalten ignoriert und jedes vom Hund anfangs zufällig gezeigte Verhalten durch Click und Leckerchen verstärkt.
Beim Einsatz von Lob unterscheidet man also primäre und sekundäre Verstärker. Als primärer Verstärker kann alles dienen, was das Tier in diesem Moment haben möchte und was somit der Befriedigung seiner Bedürfnisse dient (zum Beispiel Futter, Spiel, Streicheln, Ruhephasen, Aufmerksamkeit, etc.). Sekundäre Verstärker sind alle Dinge, die durch einen Lernvorgang mit einem primären Verstärker in Verbindung gebracht werden und nach erfolgter Kopplung nun selbst als positive Verstärker eingesetzt werden können (zum Beispiel Clicker, Klingelzeichen, Pfeiftöne, verbales Lob etc.).
Das Wort „Prima“ eignet sich sehr gut als sekundärer Verstärker, es enthält ein „i“ und wirkt damit freundlich. Das beliebte „Fein“ eignet sich eher nicht, denn wenn man es schlecht gelaunt ausspricht ist es dem „Nein“ sehr ähnlich. Vor allem bei einem jungen Hund sollten Sie gut auf die Betonung der verwendeten Worte achten, um ihn nicht zu verwirren. Um dem Hund die Bedeutung des Wortes beizubringen, nehmen Sie mehrere Leckerchen in die Hand und geben Sie dem Hund ein Kommando, welches er schon beherrscht, zum Beispiel „Sitz“. Sobald der Hund sitzt sagen sie freundlich, aber ohne Quietschen, „Prima“. Warten Sie eine halbe Sekunde bewegungslos und geben Sie dann erst das Leckerchen. Die halbe Sekunde Pause ist wichtig, weil sich der Hund zunächst immer an Sichtzeichen orientiert. Eine Hand, die in die Tasche wandert oder sich ihm mit Keks nähert, wird genau beobachtet.
Ihr „Prima“ träte für den Hund dann in den Hintergrund, denn nicht das „Prima“ kündigt das Leckerchen an, sondern Ihre Handbewegung. Nach wenigen Wiederholungen wird sich der Hund sehr freuen, wenn Sie ihn mit dem Wort belohnen. Schon nach wenigen Malen sollten Sie den primären Verstärker variieren. Der Hund bekommt nach dem Belohnungswort nicht immer ein Leckerchen, sondern manchmal auch ein Rennspiel, ein anfeuerndes „Und lauf!“, ein geworfenes Leckerchen oder eine Streicheleinheit.
Damit bleiben Sie für den Hund spannend und der Mittelpunkt. Gleichzeitig stärken Sie durch ein aktives Miteinander die Bindung und das Vertrauen des Hundes in Sie.
Das richtige Timing
Ein Hund lernt durch Verknüpfung von gleichzeitig auftretenden Ereignissen, das heißt die Ereignisse dürfen maximal ein bis zwei Sekunden auseinander liegen. Bei jeder Belohnung oder Strafe hat der Zeitpunkt an dem zum Beispiel das Leckerchen gegeben wird, eine entscheidende Bedeutung für ein erfolgreiches Lernen. Dieser Vorgang wird Timing genannt.
Wenn sich ein Hund zum Beispiel hinlegt und gleichzeitig ein Leckerchen bekommt, wird er sich immer öfter hinlegen, weil sich das Hinlegen für ihn lohnt. Legt sich ein Hund aber hin und gleichzeitig fällt ein Topfdeckel laut scheppernd auf den Boden, wird sich der Hund eventuell nicht mehr gerne hinlegen.
In der Erziehung ist daher das exakte Einhalten der Gleichzeitigkeit von Verhalten und positiver Bestärkung von entscheidender Bedeutung. Nur so kann man dem Hund ein erwünschtes Verhalten erfolgreich beibringen. Jede zeitlich ungenaue Bestärkung verunsichert den Hund. Er kann nicht erkennen, welches Verhalten Sie von ihm verlangen und verstärken wollen. Sie möchten Ihrem Hund zum Beispiel beibringen, sich auf Kommando hinzusetzen. Der Hund setzt sich, Sie suchen das Leckerchen in Ihrer Tasche und geben es ihm wenn er gerade aus dem „Sitz“ aufsteht. Was bestärken Sie damit? Welches Verhalten wird der Hund demnächst bei dem Kommando „Sitz“ zeigen? Richtig, er wird sich kurz hinsetzen und sofort wieder aufstehen.
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Wie ein Hund lernt
Ein Hund unterliegt genau wie der Mensch bestimmten Lernprinzipien. Dabei unterscheidet sich das Lernverhalten nicht von dem des Menschen, wie wir im Nachfolgenden sehen werden. Dem Hund fehlt einzig die Fähigkeit zur Reflektion seines Verhaltens – er hat kein „schlechtes Gewissen“.
Klassische Konditionierung
Die klassische Konditionierung kennen die meisten aus der Schule. Damals lernten wir kennen, wie der russische Wissenschaftler Iwan Pawlow einen Versuch mit Hunden machte. Dabei wurde dem Hund ein Reflexverhalten zu einem anderen Auslöser als dem Ursprünglichen antrainiert. Eine wichtige Bedingung dabei ist, dass die erwünschte Reaktion eine Reflexhandlung bzw. unwillkürliche Reaktion sein muss. Pawlow zeigte den Hunden Futter. Das Speicheln beim Anblick des Futters ist ein Reflex, den der Hund selbst nicht beeinflussen kann. Nun ertönte jeweils bei der Fütterung ein Klingelzeichen.
Später reichte das Klingelzeichen, um den Reflex des Speichelns auszulösen. Ein reflexauslösender (unbedingter) Reiz (=Futter) wurde hierbei mit einem neutralen Reiz (=Klingel) gekoppelt. Letzterer wird dadurch zum bedingten (konditionierten) Reiz und löst nun eigenständig die Reflexantwort (Speicheln) aus. Es ist keine Belohnung erforderlich, um das Verhalten zu konditionieren.
Im Alltag kann man sich die klassische Konditionierung zu Nutze machen, zum Beispiel um das Kommando „Schütteln“ zu trainieren. Warten Sie auf eine Situation in der sich der Hund reflexartig schüttelt. Sagen Sie dann während dessen das neue Kommando: „Schütteln!“. Es ist keine Belohnung erforderlich! Wiederholen Sie das einige Male und probieren Sie es zunächst in einer Situation, die der Reflexsituation ähnelt.
Auch das Sauberkeitstraining läuft über klassische Konditionierung. Wenn Ihr junger Hund sich lösen muss, tragen Sie ihn auf dem Arm zu einem geeigneten Ort. Meist ist dies eine Wiese. Die Wiese wird so zum reflexauslösenden Reiz: Wiese = Pipi. Nehmen Sie nun auch gleich ein Kommando dazu.
Nach einigen Wiederholungen wird auch Ihr Hörzeichen zum Reflexauslöser. Sagen Sie, während der Hund sich löst, das Kommando (zum Beispiel „Bächlein machen“) immer wieder – aber leise und begleitend, noch nicht lobend. Denn ansonsten kann es sein, dass der Welpe sein Tun unterbricht.
Auch Abneigungen können den Gesetzmäßigkeiten der klassischen Konditionierung folgen. Wenn ein Hund beispielsweise im Auto immer erbricht, wird bald der Anblick des Autos zum bedingten Auslöser für die Reflexantwort „Speicheln“ oder „Erbrechen“. In manchen Fällen kann sogar der Anblick des Autoschlüssels im Hausflur zu derselben Reaktion führen. Wenn aber der „antrainierte“ Auslöser sehr häufig ohne den Bezug zum unbedingten Auslöser erfolgt, wird diese Verknüpfung aufgehoben. Im Falle des Sauberkeitstrainings sollten Sie also auch dann, wenn der Hund sich schon auf Ihr Kommando löst, immer wieder beim Versäubern das gewählte Wort sagen.
Instrumentelle, operante Konditionierung
Die instrumentelle Konditionierung wird auch als operante Konditionierung bezeichnet. Beide Ausdrücke meinen dasselbe. Der Hund zeigt eine willkürliche Reaktion um ein bestimmtes Ziel zu erreichen. Das Ziel kann sein, gestreichelt zu werden, zu spielen, zu fressen, raus zu dürfen oder vieles andere. Dieses Lernverhalten beeinflusst unser Training und vor allem unseren Alltag mit dem Hund am häufigsten. Je erfolgreicher ein Verhalten dabei funktioniert, um so öfter wird es in der Zukunft gezeigt. Ein positives Ergebnis einer Handlung führt dazu, dass sie öfter gezeigt wird. Ein negatives vermindert das Auftreten. Um ein Ziel zu erreichen, benutzt der Hund verschiedene Strategien und testet diese auf ihre Funktionalität.
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Beispiel: Betteln am Tisch
Der Hund sitzt am Tisch (willkürlich, eher zufällig) und schaut interessiert zu, was Sie dort tun. Wenn Sie ihn nun ansprechen oder streicheln, wird der Hund das Verhalten – interessiert gucken, wenn Sie am Tisch sitzen – häufiger zeigen, denn es hat sich gelohnt. Fällt nun noch etwas herunter, hat sich das „Betteln“ gleich doppelt gelohnt. Nach einigen Wiederholungen wird der Hund testen, was passiert, wenn er mit der Pfote kratzt oder vielleicht leise winselt. Wird auch dies versehentlich verstärkt (angucken reicht da meist schon), wird der Hund das erfolgreiche Verhalten immer öfter zeigen und womöglich auch steigern. Um ihm das Betteln am Tisch gar nicht erst anzugewöhnen, sollten alle Familienmitglieder den Hund am Tisch weder ansprechen, noch streicheln oder gar füttern.
Beispiel: Kratzen an der Tür
Manche Hunde haben gelernt, dass ihre Besitzer die Tür öffnen, wenn sie daran kratzen oder davor stehen und bellen. Im Welpen- und Junghundealter ist man froh, wenn der Hund an der Tür steht und anzeigt, dass er gerne heraus möchte. Aber irgendwann kommt der Tag, an dem der Hund zwar raus möchte, sich aber gar nicht lösen muss. Lässt man ihn nun immer heraus, wenn er an der Tür steht, lernt der Hund, dass es sich lohnt an der Tür zu stehen. Im weiteren Verlauf kann er auch versuchen an der Tür zu kratzen. Dies führt in der Regel dazu, dass sich der Besitzer beeilt, bevor die Tür Schaden nimmt. Und wieder hat der Hund etwas Wertvolles gelernt: Wenn ich raus möchte, muss ich an der Tür kratzen, dann wird sie geöffnet. Um nun dies zu verhindern, muss man sich strikt an das Prinzip halten: Wenn sich eine Handlung nicht lohnt, wird der Hund sie nicht mehr zeigen. Also: Sobald man feststellt, dass der Hund nur noch zum Spaß heraus will, aber nicht mehr um sich zu versäubern, sollte man die Tür nicht mehr öffnen. Dafür sollte man aber für die ersten Tage feste, häufigere Gassizeiten einplanen, die vom Menschen festgelegt werden. Kratzt der Hund an der Tür, reagieren Sie gar nicht darauf! Lieber ein Kratzer, der sich nicht lohnt, als ein Hund, der mehrere Male am Tag an der Tür kratzt.
Wenn der Hund aus dem Garten nicht wieder hereinkommt, wenn Sie ihn rufen, liegt auch dem die operante Konditionierung zu Grunde: Meist hat man öfter gerufen, ohne sich interessant zu machen und ohne darauf zu bestehen, dass der Hund hereinkommt. Der Hund hat somit Erfolg mit dem Ignorieren Ihres Rufes und wird wahrscheinlich nur noch selten auf Ihren Ruf hineinkommen – im Garten ist es einfach spannender. In diesem Fall verhindern Sie die Verweigerung Ihres Rückrufes für ein bis zwei Wochen mit einer langen Leine, die der Hund für diese Zeit immer trägt, wenn er im Garten ist. Rufen sie ihn nur, wenn sie vorher das Ende der Leine in der Hand haben. Kommt er auf Ruf nicht, holen Sie ihn mit Hilfe der Leine freundlich, aber konsequent wieder zu sich und bestätigen Sie ihn mit einem Leckerchen.
Diese Liste ließe sich beliebig weiter verlängern. Alle Verhaltensweisen, die sich für den Hund lohnen, werden öfter gezeigt. Gehen Sie an unerwünschte Verhaltensweisen immer zunächst mit dem Prinzip heran: Alles, was sich für den Hund nicht lohnt, wird auch nicht mehr gezeigt!
Belohnung muss sein
Jede Handlung wird von dem Tier als erfolgreich oder nicht erfolgreich eingeordnet. Nicht erfolgreiche Handlungen werden vernachlässigt, erfolgreiche hingegen werden immer häufiger gezeigt. Dies erklärt, weshalb ein auf Lob basierendes Training so gut funktioniert. Denn das Tier hat auch von sich aus das Bedürfnis, diese Handlungen auszuführen, weil es auf eine Belohnung hofft. Im Gegensatz dazu ist das Ignorieren eine besonders effektive Strafmaßnahme, die gleichzeitig beim Tier kein Angstverhalten
erzeugt, was bei anderen Strafmaßnahmen leider öfter passiert, wenn diese unangemessen oder im Zorn erfolgen. Wichtig: Vor allem in der Anlernphase sollte man mit einer Belohnung arbeiten, die das Tier hoch motiviert, aber gleichzeitig konzentrationsfähig hält. Eine zu gute Belohnung kann dazu führen, dass der Hund vor Aufregung hopst und sich gar nicht mehr konzentrieren kann. Lob muss während oder bis maximal einer Sekunde nach der gewünschten Handlung erfolgen. In der Anlernphase müssen Sie jedes Mal loben, wenn das Tier das gewünschte Verhalten zeigt! Später muss man das Lob ausdünnen, denn so bleibt das Tier aufmerksam und die Übung spannend.
Strafen durch ignorieren
Strafen ist neuerdings in der Hundeerziehung ein heikles Thema geworden. „Rein positiv“ arbeitende Hundeschulen schießen wie Pilze aus dem Boden. Dabei ist es leider nicht möglich, einen Hund „rein positiv“ zu erziehen und es entspricht auch nicht seinem normalen Sozialverhalten. Der Hund ist nicht nur ein Konditionierungsobjekt, sondern auch ein Mitglied im Mensch-Hund-Rudel und muss sich dementsprechend anpassen. Beim Strafen hat man die Möglichkeit, direkt oder indirekt auf das Tier einzuwirken.
Wenn Sie einem Tier ein bestimmtes unerwünschtes Verhalten durch Ignorieren abgewöhnen möchten, dürfen Sie es ab dem Moment, in dem Sie sich für das Training entschieden haben, niemals wieder für die unerwünschte Handlung mit Aufmerksamkeit "belohnen". Aber Vorsicht: Auch negative Aufmerksamkeit, wie etwa eine nicht funktionierende Strafe, verstärkt das Verhalten mitunter. Für unsere Haustiere ist kaum etwas wichtiger, als im Mittelpunkt zu stehen. Also kann sogar ein Ausschimpfen des Hundes sein (unerwünschtes) Verhalten verstärken. Ignorieren bedeutet, den Hund nicht anzuschauen, nicht anzufassen und nicht anzusprechen! Ein zusätzliches Verschränken der Arme kann helfen, nicht doch versehentlich irgendeine Art von Aufmerksamkeit zu geben. Hunde legen auf Dauer nur Verhaltensweisen an den Tag, die sich in irgendeiner Form für sie "lohnen". Indem Sie das Tier ignorieren, erreichen Sie, dass das unerwünschte Verhalten ab einem bestimmten Zeitpunkt seltener und dann überhaupt nicht mehr gezeigt wird. Zu Beginn des Trainings kann es jedoch vorkommen, dass das unerwünschte Verhalten auf ein kaum erträgliches Maß gesteigert wird, bevor es dann immer seltener und schließlich gar nicht mehr gezeigt wird. Denn das Tier wird nun mit mehr Nachdruck zu erreichen versuchen, was bisher so leicht zu bekommen war. Leider wird es hierbei umso hartnäckiger sein, je öfter man bereits versucht hat, das störende Verhalten zu ignorieren, dann aber doch weich geworden ist. Auf diese Weise hat der Hund nämlich nur gelernt, immer länger am Ball zu bleiben.
Indirekte Strafe: So funktioniert's
Sehr gut funktionieren auch indirekte Strafen. Dabei muss darauf geachtet werden, dass der Hund keine Verknüpfung zwischen dem Besitzer und der Strafe herstellen kann. Als Beispiel für eine Situation, in der eine indirekte Strafe funktioniert, kann man das unerwünschte Liegen des Hundes auf der Couch nehmen. Ob der Hund auf der Couch liegen darf, ist Geschmackssache des Besitzers. Es hat keine Auswirkungen auf die Rangfolge im Haus. Hunde liegen meist gerne auf der Couch, es ist bequem und leicht erhöht. Wenn Sie das nicht möchten, haben Sie sicher Ihren Hund schon mal streng von der Couch herunter gewiesen. Dann lernt der Hund, sich in Ihrer Anwesenheit nicht mehr auf das Sofa zu legen. Er lernt nicht, dass er gar nicht auf die Couch darf – und wird sich nachts oder wenn Sie nicht im Haus sind wieder darauf legen.
Um dem Hund beizubringen, nie auf die Couch zu gehen, machen Sie es ihm dort unbequem: Kleben Sie doppelseitiges Klebeband in zwei bis drei Streifen auf die Couch. Wenn der Hund sich nun beim nächsten Mal wieder entspannt hinlegen möchte, ist dies unangenehm (er kann aber nicht festkleben). Unangenehme Situationen meidet ein Hund und nach ein paar Tagen Klebeband ist der Hund in der Regel kuriert.
Buddeln im Garten ist gerade in den Sommermonaten bei vielen Hundebesitzern ein Thema. Die Problematik ist oft, dass es den Hunden im Garten langweilig ist – und Buddeln hilft prima gegen Langeweile. Gegen das Buddeln gibt es mehrere Strategien:
°Lassen Sie den Hund nicht mehr ohne Aufsicht in den Garten und verhindern Sie, dass er buddelt.
°Geben Sie dem Hund andere Beschäftigungsmöglichkeiten wie zum Beispiel eine Buddelkiste mit
Rindenmulch, in der Sie von Zeit zu Zeit ein paar Leckerchen verstecken.
°Strafen Sie den Hund durch eine indirekte Strafe wie zum Beispiel einen Wasserstrahl. Dabei darf der Hund nicht realisieren, von wo der Strahl kommt. Damit diese Strafe funktioniert, müssen Sie sich schon ein paar Tage „auf die Lauer“ legen.
Dementsprechend darf der Besitzer bei der indirekten Strafe auch nicht gleichzeitig schimpfen. Wichtig: Beim Einsatz von Strafmaßnahmen ist dringend darauf zu achten, dass man die Bedingungen, unter denen Strafe nur funktionieren kann, aus Ärger über das Fehlverhalten nicht aus dem Blick verliert. Auch hier gilt wieder: Nur bei einer zeitlichen Bindung von unter einer Sekunde können Tiere eine Strafe sicher mit ihrer Handlung verknüpfen. Strafen sind nur dann sinnvoll, wenn man ein bestimmtes Verhalten jedes Mal bestraft und die Strafe wirkungsvoll genug ist, um das Verhalten sofort zu unterbrechen. Strafen, die man ständig wiederholen muss, sind nicht wirkungsvoll!
Um einen Hund sinnvoll zu strafen, ist es sehr wichtig, sich vor jeder Strafe klar zu machen, ob man das Verhalten nicht auch einfach ignorieren kann und ob man überhaupt in der Lage ist, in der vorgefundenen Situation zu strafen. Vielleicht haben Sie das Verhalten ja selber „antrainiert“, indem Sie den Hund dadurch zum Erfolg kommen ließen? Wichtig ist, dass man sich ein Strafsystem überlegt, an das man sich auch hält, wenn man mal sehr ärgerlich über den Hund ist. Die erste Strafstufe ist zunächst einmal die Drohung. Dabei ist es wichtig, nicht laut zu werden. Besser ist es, den Ton drohend zu modulieren. Welches Wort Sie nehmen, ist eigentlich egal.
Eher ungünstig ist „Nein“, denn dieses Wort kommt umgangssprachlich sehr häufig vor und wird oft sehr unüberlegt eingesetzt.
Sie erwischen nun den Hund, wie er gerade ein Stuhlbein annagt. Ignorieren ist hier nicht sinnvoll, denn Holzkauen ist eine selbstbelohnende Handlung, die bei Erfolg häufiger gezeigt wird. Eine indirekte Strafe ist möglich, wenn Sie in den nächsten Tagen die Stuhlbeine mit etwas unangenehm Riechenden oder Schmeckendem einreiben zum Beispiel „Bitter Apple“( aus der Apotheke).
Direkte Strafe: Bitte mit Gefühl
Oder Sie entscheiden sich für eine direkte Strafe.
Sprechen Sie drohend, aber nicht laut, Ihr „Lass das“ oder „Naaaaa“ aus. Unterbricht der Hund sein Verhalten, loben Sie ihn nicht, sondern verhalten Sie sich neutral.
Unterbricht der Hund sein Verhalten nicht, müssen Sie umgehend handeln! Bewegen Sie sich sofort auf ihn zu. Sobald er das Kauen aufhört, brechen Sie ab und verhalten sich neutral.
Es ist übrigens kein Zeichen von Trotz, wenn der Hund seine Tätigkeit sofort wieder aufnimmt. Er kann Sie nicht fragen, ob das immer gilt oder nur, wenn Sie aufstehen. Deshalb probiert er verschiedene Verhaltensweisen immer wieder aus. Knabbert er weiter, drohen Sie noch einmal kurz wenn Sie unmittelbar vor ihm sind und greifen Sie ihm sofort über den Fang. Kurz und fest, lassen Sie los und bewegen Sie sich von ihm weg.
Wenn Sie den Fang-Griff richtig ausgeführt haben, unterbricht der Hund sein Verhalten. Kommt er Ihnen dann nach und beschwichtigt Sie, dürfen Sie ihn ruhig streicheln. Er zeigt, dass er an Ihnen hängt. Geht der Hund nach der Strafe in ein anderes Zimmer und wirkt „beleidigt“, war die Strafe zu hart.
Hunde können nicht beleidigt sein, nur beeindruckt. Bellt der Hund Sie nach der Strafe an, wird ganz wild und beginnt ein aggressives Spiel, verlassen Sie den Ort des Geschehens und schließen Sie die Tür hinter sich. Damit nehmen Sie dem Hund die Möglichkeit, weiter zu toben und schwächen nicht Ihre Position. Meist war die Strafe zu hart für den Hund und er überspielt seine Unsicherheit durch das aggressive Spiel. Straft man in dieser Situation, eskaliert sie zumeist. Das einfache Verlassen des Raumes mit Schließen der Tür hat sich da sehr bewährt. Eine andere Möglichkeit zur Durchsetzung einer Drohung, die der Hund nicht beachtet, ist der Griff in sein Nackenfell. Oftmals ist diese Strafe einfacher und schneller durchzuführen, weil das Fell einfacher zu greifen ist als der Fang. Dabei wird der Hund nicht heruntergedrückt oder geschüttelt (das macht auch die Mutter mit den Welpen nicht, obwohl dies in vielen Büchern steht), sondern nur kurz in das Fell im Nackenbereich gegriffen und sofort wieder losgelassen.
Strafen nur im Handlungsbereich
Achten Sie beim Einsatz von Strafen auch darauf, ob sie überhaupt in der Lage sind, bei einer vom Hund ignorierten Drohung durchzugreifen.
Frisst der Hund beispielsweise 20 Meter von Ihnen entfernt genüsslich irgendeinen Unrat oder Ihre Lieblingsblumen, ist die Chance, dass er es auf die Drohung hin lässt, recht gering. Genauso wie Ihre Chance sofort durchzugreifen. Denn bis Sie die 20 Meter gelaufen sind, frisst der Hund weiter und flüchtet womöglich noch mit der „Beute“. Hinterherlaufen bringt gar nichts, es schwächt nur Ihre Position. Darüber hinaus lernt der Hund (siehe operante Konditionierung), demnächst entweder weiter entfernt von Ihnen Unrat zu fressen oder darauf zu achten, wie schnell Sie sich auf ihn zu bewegen, um rechtzeitig flüchten zu können. Schon nach ein bis zwei Wiederholungen wird es immer schwieriger werden, den Hund davon abzuhalten, Unrat zu fressen. Als geeignete Strafmaßnahme ist im akuten Fall zunächst einmal das Ignorieren angemessen, um eine wie oben beschriebene Ersterfahrung beim Hund zu vermeiden. Danach sollte man erst einmal überlegen, wie man es in Zukunft verhindern kann.
Dafür eignet sich zum Beispiel eine lange Leine, die für ein bis zwei Wochen vom Hund immer getragen wird, wenn er frei läuft. Mit Hilfe der Leine kann man verhindern, dass der Hund nach einer Drohung weiter Unrat frisst, man kann ihn wegziehen oder auch sein Weglaufen verhindern, wenn man sich auf ihn zu bewegt. Konsequenz heißt dann, die Leine während der Trainingszeit auch wirklich nie abzumachen. Wichtig: Zu heftige, zu lange oder zu späte Strafmaßnahmen sind unwirksam und schüren nur Missverständnisse zwischen den „Parteien“. Bitte bedenken Sie immer, dass das Tier ein unerwünschtes Verhalten, das es bereits gezeigt hat, nicht mehr rückgängig machen kann. Strafen können also ein Verhalten nie zum Positiven verändern. Mit Strafe kann man ein Verhalten bestenfalls unterdrücken, das Tier lernt gleichzeitig aber nicht, sich in erwünschter Weise zu verhalten.
Lob und Strafe: Die Mischung macht’s!
Um einen Hund erfolgreich zu erziehen, muss man sein Lernverhalten in jeder Situation bedenken. Viele unerwünschte Verhaltensweisen sind versehentlich selber antrainiert aber durch eine Änderung des eigenen Verhaltens auch wieder in ein erwünschtes Verhalten zu wandeln.
Wenn der Hund Fehler macht, ist es nicht sinnvoll, im Zorn zu handeln. Überlegen Sie besser, wie es zu dem Fehler gekommen ist und welche Strategie Sie bei der Bestrafung anwenden wollen.
Letztendlich entscheidet die Eigendisziplin des Menschen, in wie weit sich ein Hund erwünscht oder unerwünscht verhält. Konsequenz erleichtert dem Hund die Kommunikation mit uns.
Und eine gute Kommunikation mit unserem Partner Hund ist die Basis für Vertrauen und erfolgreiche Erziehung.
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